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Bürger fragen - die Bürgerinitiative antwortet!

Die Errichtung von 200 Meter hohen Windkraftanlagen in einem schützenswerten Wald, wie dem Spessart würde bedeuten, dass ein ökologisch wertvoller Wald in einen Industriepark umgewandelt wird.

Die am häufigsten gestellten Fragen einmal in der Öffentlichkeit zu beantworten, ist den BI-Vorstandsmitgliedern Berthold Andres und Rolf Zimmermann ein besonderes Anliegen, denn nur informierte Bürger können das Ausmaß der bevorstehenden Naturzerstörung erkennen.

  • 1. Warum hat die Bürgerinitiative in Biebergemünd eine Unterschriftenaktion gestartet?

    Andres: Falls die jetzigen Planungen so realisiert werden, sind rund 50 Windkraftanlagen mit einer Höhe von ca. 200 m rund um Biebergemünd zu erwarten und Biebergemünd wird für die nächsten 20 bis 30 Jahren zu einer Konzentrationszone für Windkraftanlagen im Main Kinzig Kreis werden. Ein Projekt in dieser Größenordnung und mit dem zu erwartenden Ausmaß an Beeinträchtigungen darf ohne die Zustimmung der Biebergemünder Bürgerinnen und Bürger nicht realisiert werden. Selbst unser sehr Windkraft freundlicher Landrat Pipa sieht das inzwischen so und fordert, dass eine Umsetzung von Windkraftprojekten im Main Kinzig Kreis nur mit Zustimmung der Gemeindevertreter und den Betroffenen vor Ort erfolgt. Da die Gemeinde Biebergemünd eine Bürgerbefragung zum Bau von Windkraftanlagen im Gemeindegebiet nach wie vor ablehnt, führt die Bürgerinitiative Windkraft im Spessart ab sofort eine Unterschriftenaktion durch. Damit erhalten die Bürgerinnen und Bürger aus Biebergemünd die Gelegenheit, ihrem Standpunkt eine Stimme zu geben.

  • 2. Was spricht denn konkret gegen die jetzigen Planungen in Biebergemünd?

    Andres: Ich betrachte die jetzt vorgesehene kurzfristige Offenlegung und Verabschiedung des Flächennutzungsplans Windkraft als verfrüht, da noch wichtige Untersuchungen im Bereich Naturschutz ausstehen. Andere Kommunen wie z.B. Bad Orb legen hier ein wesentlich langsameres Tempo vor oder sprechen sich, wie Gründau, fraktionsübergreifend gegen weitere Windkraftanlagen aus. Die kurzfristige Verabschiedung eines Flächennutzungsplans Windkraft wird geradezu eine Einladung für Windkraftprojektierer sein, gerade auf dem Biebergemünder Gemeindegebiet den Bau von Windkraftanlagen zu forcieren. Ich halte stattdessen ein zeitlich abgestimmtes Vorgehen mit den Nachbarkommunen für sinnvoller. Die Gemeinde Biebergemünd muss auf Hessenforst zugehen, um den Bau von Windkraftanlagen wenigstens solange aufzuschieben, bis die noch fehlenden naturschutzrechtlichen Untersuchungen abgeschlossen sind.

  • 3. Würde es beim Bau von Windkraftanlagen auf den Potentialflächen von Biebergemünd bleiben?

    Andres: Eindeutig NEIN! Vielmehr ist zu erwarten, dass nach einem Ausbau in Biebergemünd auch Anlagen auf den Gemarkungen von Bad Orb und Jossgrund folgen werden. Im Anschluss an die Potentialfläche 3 in Biebergemünd folgt in nördlicher Richtung eine der größten Potentialflächen, die im aktuellen Entwurf des Regionalplans Windkraft für Südhessen ausgewiesen werden.

  • 4. Verdient die Gemeinde Biebergemünd eigentlich durch den Bau von Windkraftanlagen?

    Andres: Eindeutig NEIN! Die Anlagen würden vollständig auf Flächen stehen, die nicht im Besitz der Gemeinde Biebergemünd sind. Die Pachteinnahmen werden komplett an Hessenforst gehen. Den Bürgerinnen und Bürger wird außer der Beeinträchtigung ihrer Lebensqualität nichts bleiben.

  • 5. Immer wieder wird behauptet, wer nicht für Windräder stimmt, ist gegen die Energiewende und somit für Atomenergie, was meinen Sie dazu?

    Andres: Niemand möchte zurück zur Atomenergie, auch wenn uns das immer wieder unterstellt wird. Schwarz-Weiß-Malerei, wie sie z. T. betrieben wird, ist in der Windkraftdiskussion leider nur wenig hilfreich. Gemeinden, die geeignete Flächen besitzen, wie z.B. Flörsbachtal, sind in erster Linie an den Subventionen in Form von Pachteinnahmen interessiert. Diese fließen unabhängig davon, ob der Standort letztlich wirtschaftlich ist oder nicht. Deshalb möchte man auch so schnell wie möglich Windkraftanlagen bauen, so lange es noch sehr hohe Subventionen gibt. -  Diese Vorgehensweise zeigt schon, dass es der Gemeinde nicht um die Energiewende geht,  sondern darum ihren maroden Haushalt auf Kosten unserer Landschaft und Natur zu sanieren.

    Zimmermann: Natürlich sind wir, die Bürgerinitiative, für die Energiewende. Wir sind jedoch gegen die Art und Weise, wie diese umgesetzt wird. Jede Gemeinde plant für sich und möchte wenn möglich die Windkraftanlagen möglichst weit an die Gemarkungsgrenze der Nachbargemeinde stellen, um die eigenen Gemeindemitglieder nicht zu verärgern, so dass der soziale Unfriede vorprogrammiert ist. Uns wurde auf unserer Exkursion in den Soonwald von Gemeinden berichtet, die nicht mehr miteinander sprechen geschweige denn an gemeinsamen Festen teilnehmen.  

  • 6. Wo soll der Strom dann Ihrer Meinung nach herkommen?

    Andres: Wo die Politik über Jahrzehnte versagt hat, kann eine Bürgerinitiative natürlich kurzfristig auch keine 100% Lösung aus dem Hut zaubern. Doch gibt es verschiedene Lösungsansätze: So könnten zum Beispiel die unsinnigen Subventionen, die in mäßig oder gar nicht wirtschaftliche Windkraftanlagen fließen, besser  in die Forschung für Stromspeichermöglichkeiten investiert werden. Außerdem sollte auch das Stromsparen wieder viel stärker in den Mittelpunkt rücken. Denken Sie nur einmal an Ihre Elektrogeräte zu Hause, die eventuell über Jahre im Standby-Modus laufen und dabei dauerhaft Strom benötigen. Zudem kann auch durch energiesparende Haushaltsgeräte und das Sanieren und Dämmen von Häusern viel Energie eingespart werden.

  • 7. Welche Auswirkungen haben Windkraftanlagen im Wald?

    Andres: Für jede Anlage werden auf ca. 5.000 qm Bäume gefällt, von dieser Fläche müssen ca. 3.000 qm während der gesamten Laufzeit der Anlage frei bleiben. Das bedeutet, dass im Abstand von jeweils 400 bis 500 m entlang der Birkenhainer Straße große Flächen gerodet und geschottert werden. Die Rodungen, der Lärm (unmittelbar hörbar und im Infraschall-Bereich) sowie der Schlagschatten werden das Landschaftsbild und die Wahrnehmungen dort komplett verändern. Jagdwild wird diesen Wald meiden, viele Vogelarten sind von den Rotoren gefährdet und geschützte Fledermausarten werden getötet. Wie der Wald und die Wanderwege künftig aussehen werden, kann sich jeder am Projekt „Vier Fichten“ oberhalb von Neu-Wirtheim ansehen.

  • 8. Die Windkraftanlagen werden höher und höher. Reichen die jetzigen Mindestabstände aus, um mich vor gesundheitlichen Beeinträchtigungen zu schützen?

    Andres: Es gibt noch keine gesicherten Langzeitstudien, die wissenschaftlich belegen, dass die heutigen Ausmaße der geplanten Windkraftanlagen von 200 m Höhe tatsächlich keine gesundheitlichen Auswirkungen auf den Menschen haben, da diese überdimensionalen Windräder erst seit relativ kurzer Zeit errichtet werden. Wir fordern deshalb aus Fürsorgegründen einen Abstand vom 10-fachen der Gesamthöhe der Anlagen, der in diesem Fall 2.000 Meter betragen würde.

  • 9. Was ist Infraschall und ist er gesundheitsgefährdend?

    Zimmermann: Windkraftanlagen erzeugen durch die rotierenden Flügel sowie durch Getriebe und Generator Schallwellen über einen weiten Frequenzbereich - zum einen hörbaren Schall, zum anderen Infraschall. Als Infraschall wird der Schall bezeichnet, der mit tiefen Frequenzen unterhalb von etwa 20 Hertz im Grenzbereich und zum großen Teil außerhalb des normalen Hörens des Menschen auftritt. Er wird in der Regel durch „Lärm“ im normalen Hörbereich überlagert. Viele bereits durchgeführte Untersuchungen zeigen, dass insbesondere der periodisch wiederkehrende Infraschall durch sich permanent drehende Windkraftanlagen folgende gesundheitlichen Auswirkungen auf Menschen haben kann: Herz- und Kreislaufprobleme, Kopfschmerzen, Unruhe, Nervosität, Schlafstörungen, Konzentrations-Schwierigkeiten, Depressionen, Angsterkrankungen und Tinnitus. Es ist davon auszugehen, dass ca. 10 bis 20 % der Menschen unter Beschwerden leiden. Die EU erforscht zurzeit, ab wann Infraschall für Schwangere gefährlich werden kann. „Die besondere Qualität von Infraschall bedarf jedoch verstärkter Aufmerksamkeit, da bisher nur wenige gesicherte Erkenntnisse, nicht zuletzt wegen einer noch nicht optimalen Erfassungsmethodik, über das Auftreten und die Wirkung von Infraschall vorliegen"(Robert-Koch-Institut 2007). Diese Aussage ist heute aktueller denn je.

  • 10. Wie kann der Mensch vor den Risiken Infraschall, Lärm, Schatten- und Eiswurf geschützt werden?

    Zimmermann: Der einzige Schutz besteht durch möglichst großen Abstand. Eine bundesweit einheitliche Regelung für Abstände zu bebauten Gebieten gibt es leider bis heute nicht. Es gelten je nach Bundesland unterschiedliche Regelungen Im dicht besiedelten NRW galten bis zum Regierungswechsel 2010 zu Rot/Grün ein Abstandskriterium von 1.500 m. Seitdem wird im Einzelfall entschieden. Sachsen-Anhalt  und Bayern schreiben für Windkraftanlagen einen Abstand von 10 x Gesamthöhe WKA vor. Das bedeutet für die aktuelle Anlagenklasse von 200 m einen Mindestabstand von 2.000 m.

    In Hessen gilt seit dem im Juli 2013 verabschiedeten Landesentwicklungsplan ein Abstand von 1.000 m zu vorhandenen und geplanten Wohngebieten.

    Strenge gesetzliche Regelungen gibt es dagegen im Bereich des Naturschutzes. So dürfen beispielsweise in Hessen im Umkreis von 5 km zur Wochenstube der Mopsfledermaus und im Umkreis von 3 km zum Horst eines Schwarzstorchs keine Windkraftanlagen errichtet werden.

  • 11. Was halten Sie von den in Werbeaussagen und Presseberichten wiedergegebenen Renditeerwartungen der Energiegenossenschaft Main-Kinzigtal?

    Andres: Da die Anlagen auf den „Vier Fichten“ erst seit einigen Monaten laufen, liegen wahrscheinlich noch keine verlässlichen Zahlen vor, wie sich die Einnahmen entwickeln werden. Die Studie „Praxiserfahrungen mit der Wirtschaftlichkeit von Bürgerwindparks in Deutschland“ des Bundesverbands WindEnergie e.V. aus 2013 lässt allerdings Zweifel aufkommen. Die geplante Rendite der insgesamt 175 untersuchten Windparks sollte zwischen 5 und 10 % jährlich liegen. Erreicht wurden durchschnittlich nur 2,5 %, wobei knapp 40 % der untersuchten Jahresabschlüsse Verluste auswiesen und nur 35 % über 2 % Ausschüttungen erzielten. Da die Untersuchung viele küstennahe, d.h. windstarke Windparks enthält, sind für windschwache Gebiete wie dem Spessart oder Büdinger Wald eher negative Überraschungen zu erwarten.