Fragen zur Bundestagswahl

Bürgerinitiative Windkraft im Spessart - In Einklang mit Mensch und Natur
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Fragen zur Bundestagswahl

BI Windkraft_im_Spessart
Veröffentlicht von Dr. Berthold Andres · Sonntag 09 Feb 2025 ·  9:15
Positionen der Kandidaten zur Bundestagswahl (Wahlkreis 174) zur Energiewende und speziell zum Ausbau der Windkraft im Main-Kinzig-Kreis
 
Heftige Diskussionen in den letzten Monaten haben gezeigt: Das Thema Windkraft ist im Main-Kinzig-Kreis aktuell wie nie. Hintergrund ist, dass der Main-Kinzig-Kreis zum Nachteil der hiesigen Bevölkerung in den letzten Jahren ein Schwerpunkt des Ausbaus der Windkraft in Hessen geworden ist. Bei uns im MKK stehen mit über 100 Anlagen ca. 50 % aller Windkraftanlagen in Südhessen, während beispielsweise der Hochtaunuskreis weitestgehend von Windkraftanlagen verschont wird.
 
Die grundlegenden Weichen für den Ausbau der Windkraft werden auf Bundesebene gestellt. Im Vorfeld zur Bundestagswahl hat die BI Windkraft im Spessart – In Einklang mit Mensch und Natur e.V. deshalb gemeinsam mit Gegenwind Bad Orb e.V. allen Kandidaten für den Wahlkreis 174 der im Bundestag vertretenen Parteien einen Fragebogen mit 11 Fragen zu ihrer Position zur Energiewende und speziell zum Ausbau der Windkraft im Main-Kinzig-Kreis geschickt. Erfreulicherweise haben mit Johannes Wiegelmann (CDU), Jürgen Mohr (AfD), Helge Fitz (Die Linke), Dr. Markus Alexander Schmidt (FDP) und Michael Neuner (SPD) fast alle angeschriebenen Kandidaten in ihren Antworten ihre Position sehr ausführlich dargestellt. Allein Philip Schinkel (GRÜNE) hat eine Beantwortung der Fragen mit dem Hinweis abgelehnt, dass ihm der Wahlkampf dazu keine Zeit ließe. Der nachfolgende Überblick legt die Positionen der einzelnen Kandidaten zu den relevanten Punkten dar. Die ausführlichen Antworten zu allen Fragen der fünf Kandidaten sind auf der Homepage www.windkraft-im-spessart.de abrufbar.
 
 
Ausbau der Windkraft mit Schwerpunkt Main-Kinzig-Kreis
 
Der weitere Bau von Windkraftanlagen im Main-Kinzig-Kreis, insbesondere unter dem Aspekt der ungerechten Verteilung in Südhessen, wird von fast allen Kandidaten mit Ausnahme von Michael Neuner (SPD) als negativ betrachtet. Die Politiker betonen die Unterstützung der Kommunen und die Notwendigkeit einer fairen Verteilung. Sie würden die betroffenen Kommunen, z.B. in ihrer Positionierung gegenüber dem Regierungspräsidium und der Regionalversammlung unterstützen. Jürgen Mohr (AfD) lehnt weitere Windkraftanlagen im Spessart komplett ab und Dr. Markus Alexander Schmidt (FDP) steht dem weiteren Ausbau von Windkraftanlagen – insbesondere in Wäldern - skeptisch gegenüber. Für den SPD-Kandidaten ist klar, dass „Windkraftanlagen dort stehen müssen, wo sie besonders wirtschaftlich sind und möglichst geringe Beeinträchtigungen für Mensch und Natur nach sich ziehen“. Johannes Wiegelmann (CDU), Michael Neuner (SPD) und Helge Fitz (Die Linke) wollen den Bau von Windkraftanlagen im Wald nicht vollständig ausschließen, jedoch nur unter strengen ökologischen Regeln. Diesem Wunsch steht allerdings das 2022 von der Ampelregierung verabschiedete Windenergiebedarfsgesetz (WindBG) entgegen. Leider bleibt offen, wie die GRÜNEN dazu stehen, da Philip Schinkel generell die Beantwortung der Fragen abgelehnt hat.
 
Das WindBG zum schnelleren Ausbau der Windkraft wurde 2022 von der Ampelregierung weitestgehend ohne öffentliche Diskussion verabschiedet. Nicht nur für den Main-Kinzig-Kreis hat dieses Gesetz zwei massive Auswirkungen. Zum einen wird die Bedeutung des Naturschutzes zurückgefahren, da jetzt ein Projektierer in einem Vorranggebiet, wie z.B. der gerade heiß diskutieren Vorrangfläche 2-304 auf Untersuchungen zum Naturschutz verzichten kann. Zum anderen wurde auch die Ausschlusswirkung durch Vorranggebiete in den Regionalplänen aufgehoben, d.h. Kommunen und Länder können zusätzliche Ausbaugebiete außerhalb der bisherigen Vorranggebiete festlegen. Die weitere „Entwicklung“ des WindBG war deshalb ein zentrales Thema in unserem Fragenkatalog. Offensichtlich hat die breite Kritik der Öffentlichkeit am WindBG bereits erste Ergebnisse gezeigt, denn Johannes Wiegelmann (CDU) weist darauf hin: „CDU/CSU haben sich in den Verhandlungen mit der Erst-Ampel erfolgreich dafür eingesetzt, dass noch in der laufenden Legislaturperiode das WindBG dahingehend geändert wurde, dass Windenergieanlagen ausschließlich in ausgewiesen Windenergiegebieten errichtet werden dürfen. Der Gesetzentwurf wurde am 31. Januar 2025 angenommen“. Sofern das Gesetz auch in dieser Form in Kraft tritt, wäre zumindest die Steuerungswirkung der bisherigen Regionalpläne wieder wirksam. Auffällig ist allerdings, dass diese Gesetzesänderung allen anderen Kandidaten nicht bekannt ist. Zur Rücknahme der Beschneidung der Rechte des Natur- und Umweltschutzes durch das WindBG sind sich alle Kandidaten weitestgehend einig, exemplarisch wäre hierzu die Antwort von Dr. Markus Alexander Schmidt (FDP) zum WindBG zu nennen: „Ich halte es daher für angemessen, die Position des Umweltschutzes hier wieder zu stärken“. Leider bleibt wiederum offen, wie die GRÜNEN zur Wertigkeit des Naturschutzes stehen, da Philip Schinkel ja generell die Beantwortung unserer Fragen abgelehnt hat.
 
 
Zukunft der Energiewende und des EEG
 
Am Beispiel des geplanten Windparks „Winterstein“ im Wetteraukreis, wo ABO Energy den Zuschlag mit Pachtzahlungen pro WKA und Jahr von fast 500.000 € erhalten hat, haben wir die Kandidaten zu ihrer Position bzgl. der hohen Kosten des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes (EEG) zulasten der Steuerzahler gefragt. Die Antworten dazu sind zweigeteilt: Johannes Wiegelmann (CDU) fordert eine umfassende Reform des EEG (bis hin zur Abschaffung). Er schlägt dazu auch eine Vielzahl von Maßnahmen vor, um die „Reduzierung der Kosten für den Stromkunden anzugehen“. Jürgen Mohr (AfD) möchte „Ideologiegetriebene Kosten wie EEG-Umlage, CO2-Steuer und das Gebäudeenergiegesetz (GEG) abschaffen“. Nach Dr. Markus Alexander Schmidt (FDP) würden Einsparungen in der CO2-Emission hierzulande nur zu einer lokalen Verlagerung der Emissionen ins Ausland führen. Auf der anderen Seite hält Helge Fitz (Die Linke) eine Abschaffung des EEG für falsch. Er möchte das EEG „durch einen vorübergehenden Energiesoli für Reiche als Zuschlag auf die Einkommen-, Lohn- und Kapitalertragssteuer finanzieren und rückwirkend zum 01.01.2025 ein soziales Klimageld von aktuell 320 Euro jährlich pro Person als Direktzahlung für Haushalte mit kleinen und mittleren Einkommen einführen“. Auch Michael Neuner (SPD) möchte am EEG in der jetzigen Form festhalten: „Windenergie ist weder übersubventioniert noch besonders teuer. Wenn sie an optimalen Stellen eingesetzt wird, ist sie ganz im Gegenteil eine kostengünstige Energiequelle“.
 
Einige Politiker unterstützen eine umfassende Reform des EEG. Johannes Wiegelmann (CDU) und Dr. Markus Alexander Schmidt (FDP) setzen dagegen auf ein Ende des deutschen Sonderwegs der Energiewende und hin zu mehr Kosteneffizienz. Wiegelmann: „Ohne eine Kostenwende hin zu mehr Effizient scheitert die Energiewende, um das Scheitern abzuwenden, bedarf es einer klaren Priorisierung“. Schmidt: „Der deutsche Sonderweg in der Energiepolitik muss beendet werden; das direktionistische Handeln der Politik muss zu Gunsten eines technologieoffenen und marktwirtschaftlich orientierten Ideenwettbewerbs beendet werden“. Jürgen Mohr (AfD) möchte durch eine Korrektur der Entwicklungen der letzten Jahrzehnte ermöglichen, dass Strom wieder jederzeit in ausreichender Menge zu wettbewerbsfähigen Preisen zur Verfügung steht.
 
Zur Rolle des Staates in der Energiepolitik gibt es ebenfalls unterschiedliche Ansichten. Johannes Wiegelmann (CDU), Jürgen Mohr (AfD) und Dr. Markus Alexander Schmidt (FDP) befürworten eine marktwirtschaftliche Orientierung. So setzt Johannes Wiegelmann (CDU) auf „die Gewinnung von privatem Kapital“ und möchte für einen schnellen und günstigen Ausbau von Stromnetzen verstärkt Freileitungen nutzen. Bei Strom-, Wärme-, Gas-, Wasserstoff- und CO2-Infrastruktur bevorzugt er Standardisierung und gemeinsamen Ausbau. Für Jürgen Mohr (AfD) müssen zukünftig Anlagen zur Erzeugung „Erneuerbarer Energien“ ihre uneingeschränkte Umweltverträglichkeit sowie ihren ökonomischen Nutzen durch den Verzicht auf Vorrangeinspeisung und Subvention nachweisen. Dr. Markus Alexander Schmidt (FDP) ist als studierter Volkswirt von der Effektivität marktwirtschaftlicher Prozesse überzeugt: „staatlichen Lenkungsversuchen durch Subventionen stehe ich grundsätzlich skeptisch bis ablehnend gegenüber“. Helge Fitz (Die Linke) unterstützt dagegen eine starke staatliche Lenkung, er hält „eine Lenkung durch den Staat in vielen Bereichen – z. B. Industriepolitik, Infrastruktur, Gesundheit, Bildung und Mobilität – für notwendig“. Michael Neuner (SPD) betont: „ohne Subventionierung durch den Staat wären vor allem die langjährigen konventionellen Energiegewinnungsmethoden in Deutschland – Kohle und Atomkraft – deutlich teurer“.
 
Bei der Frage nach Methoden zur CO₂-Reduktion sind sich mit Ausnahme von Michael Neuner (SPD) alle Kandidaten weitestgehend einig. Es sollen alle verfügbaren Methoden zur CO₂-Reduktion genutzt werden, einschließlich der verschieden Carbon Capture Technologien, Wiederinbetriebnahme von Atomkraftwerken und der Erforschung neuer Technologien. Jürgen Mohr (AfD) fordert die Abschaffung der CO2-Abgaben, da sie die Produktionskosten erhöhen und zu einem Wettbewerbsnachteil für die deutsche Industrie führen. Michael Neuner (SPD) schließt allerdings explizit die Wiederinbetriebnahme der Atomkraftwerke und Fracking aus und setzt stattdessen „auf den beschleunigten Ausbau erneuerbarer Energien, Wasserstofftechnologie und Energieeffizienz. Unser Ziel muss eine sichere, saubere und bezahlbare Energieversorgung sein – ohne neue Umwelt- und Sicherheitsrisiken“.
 
Nach Abschaltung der letzten Kernkraftwerke wurde Deutschland von einem Strom-Exportland zu einem Strom-Importland. Die bisher geübte Praxis der Abschaltung von Grundlastkraftwerken (Atomkraftwerke, Kohlekraftwerke) ohne Ersatz wird von Johannes Wiegelmann (CDU), Jürgen Mohr (AfD) und Dr. Markus Alexander Schmidt (FDP) sehr kritisch gesehen. Alle drei betonen die Notwendigkeit von grundlastfähigen Energiequellen, um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Michael Neuner (SPD) geht aufgrund einer Analyse des Fraunhofer-Institut davon aus, dass eine sichere Energieversorgung auch ohne Grundlastkraftwerke möglich ist. Helge Fitz (Die Linke) gibt zu dieser Frage die ehrliche Antwort: „Ich kann das nicht beurteilen“.
 
 
Fazit
 
Die Antworten der Bundestagskandidaten zeigen mit Ausnahme des SPD-Kandidaten erfreulicherweise, dass sie die „Bevorzugung“ des Main-Kinzig-Kreises beim Ausbau der Windkraft als nicht fair betrachten und wollen auch entsprechend unterstützen. Es wird aber auch richtigerweise darauf hingewiesen, dass der Einfluss auf Bundesebene im Bereich der regionalen und lokalen Planung begrenzt ist. Allerdings zeigt - wie von Johannes Wiegelmann (CDU) angesprochen - die laufende Überarbeitung des WindBG mit der Wiederherstellung der Ausschlussgebiete, dass Festlegungen im Bund auch substantielle Auswirkungen auf den Main-Kinzig-Kreis haben.
 
Zum Thema Energiepolitik und EEG sind die Kandidaten in zwei Lager gespalten: So fordern die Kandidaten der CDU, AfD und FDP eine umfassende Reform des EEGs bis hin zu seiner Abschaffung und Aufgabe des deutschen Sonderwegs. Dagegen halten sowohl der SPD- als auch der Linken-Kandidat seine Abschaffung für falsch und befürworten die weitere staatliche Lenkung der Energieerzeugung. Mit Ausnahme von Michael Neuner (SPD) herrscht dagegen weitestgehende Einigkeit unter den Kandidaten in Bezug auf die CO₂-Reduktion: Hier sollen alle technisch verfügbaren Methoden einschließlich der Atomkraft und der Carbon Capture Technologien genutzt werden,
 
Die Vorstände der beiden Bürgerinitiativen Windkraft im Spessart und Gegenwind Bad Orb bedanken sich bei den fünf Kandidaten für die umfassenden Erläuterungen zu diesem doch recht komplexen Sachverhalt, die eine gute Einschätzung der jeweiligen Position erlauben. Nicht nachvollziehbar ist allerdings, dass sich gerade Philip Schinkel (GRÜNE) nicht zu den Fragen geäußert hat, obwohl die Energiewende mit Ausbau der Windkraft und eine soziale Politik für die Bevölkerung zwei zentrale Wahlkampfthemen der GRÜNEN sind. Dies gilt insbesondere auch deshalb, da die GRÜNEN in der Vergangenheit mit der grünen Regierungspräsidentin Brigitte Lindscheid in Darmstadt, der grünen Umweltministerin Priska Hinz und dem grünen Minister für Wirtschaft und Energie Tarek Al-Wazir in Wiesbaden maßgeblich für die jetzige missliche Situation im Main-Kinzig-Kreis mitverantwortlich sind.
Die kompletten Antworten aller Parteien finden Sie hier:


Für Biebergemünd
Windkraft im Spessart - In Einklang
mit Mensch und Natur e.V.
Dr. Berthold Andres
Hufeisenstraße 9a
63599 Biebergemünd
Für Linsengericht
Windkraft im Spessart - Im Einklang
mit Mensch und Natur e.V.
Rolf Zimmermann
Lindenstraße 19
63571 Gelnhausen
Für Westerngrund
Windkraft im Spessart - Im Einklang
mit Mensch und Natur e.V.
Bernd Ludwig
Kapellenstraße 32
63825 Westerngrund
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