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Wirtschaftlichkeit für Bürger und Kommunen

Beteiligungen an einer Windkraftanlage. (Grafik: Bürgerinitiative)

Erschienen im Mittelhessen-Bote am Mittwoch, 27. Februar 2013

Der heutige Beitrag der Artikelreihe „Aspekte zur Nutzung der Windenergie“ beschäftigt sich mit der Wirtschaftlichkeit von Windkraftanlagen (WKA).

Durch das Erneuerbare-Energien- Gesetz (EEG) wird der Bau von Windkraftanlagen über eine erhöhte Einspeisevergütung gefördert. Damit soll der Betrieb von WKA auch an windschwächeren Standorten wie in Hessen attraktiv werden. Da ab 2015 die Einspeisevergütungen deutlich reduziert werden, wird deshalb versucht, innerhalb dieser Fristen auch an weniger geeigneten Standorten noch rasch Windkraftanlagen zu errichten. Was bedeutet diese „Goldgräberstimmung“ für Investoren und Projektentwickler? Wer sind die Beteiligten an diesem Geschäft, und wer verdient eigentlich dabei das Geld?

  • Projektentwickler verdienen am Bau einer Anlage

    Projektentwickler wie Renertec oder Juwi Wind planen einen Windpark, kaufen die Anlagen beim Hersteller, stellen die WKA auf, suchen Investoren oder Geldgeber. Sie verdienen ihr Geld mit dieser Dienstleistung, vergleichbar mit dem Bau ähnlicher Industrieanlagen. Sie werden letztendlich nicht dafür bezahlt, ob sich eine Anlage für einen Investor rentiert oder nicht. Sie erhalten ihr Geld, nachdem der Bau der Anlage abgeschlossen ist, und sind letztendlich Teil der Investitionskosten einer Anlage, die vom Investor bezahlt werden müssen. Dies ist vergleichbar mit einem Bauträger einer Wohnanlage, der für die Vermietung einer verkauften Eigentumswohnung auch nicht verantwortlich ist. 

  • Die Betreiber

    Betreiber sind dafür verantwortlich, dass eine WKA ordnungsgemäß läuft. Der Betreiber verdient am Betrieb und an der Instandhaltung einer WKA, meistens unabhängig davon, ob diese Anlage Gewinn abwirft oder nicht. Betreiber kann auch der Projektentwickler sein. Inzwischen treten aber immer häufiger Energieversorger selbst, wie beispielsweise die Kreiswerke, als Betreiber auf. 

  • Investor trägt das Risiko

    Investoren sind meistens Privatpersonen, Genossenschaften (wie zum Beispiel die Biebergemünder Solargenossenschaft), auch Stadtwerke oder Kommunen. Der Investor finanziert mit seinem eigenen Kapital Planung, Bau und Betrieb einer Anlage. Der Kapitalrückfluss erfolgt über den durch die Einspeisevergütung abgesicherten Verkauf des produzierten Stroms. Der Investor macht allerdings erst einen Gewinn, wenn alle anderen Kosten bedient wurden. Darunter fallen zum Beispiel Pacht für das Grundstück, Zins und Tilgung für Bankkredite, Betriebskosten, Versicherungen und so weiter. Er trägt damit das ganze Risiko bei schwankendem Windangebot beziehungsweise insgesamt zu optimistischen Windgutachten und Finanzplanung. Dass dieses Risiko nicht zu unterschätzen ist, zeigt aktuell die Aussage der Gemeinde Gründau, sich am Projekt Vier Fichten nicht finanziell zu beteiligen. 

  • Teilfinanzierung durch die Bank

    WKA werden üblicherweise zu einem großen Teil fremdfinanziert, das heißt, die Bank beteiligt sich ähnlich wie bei einem Immobilienkredit an dem Bau einer WKA. Ein Vorteil dieser Art der Finanzierung ist, dass etwaige Gewinne und Verluste gehebelt werden. Erst die Fremdfinanzierung durch eine Bank zu einem festen Zinssatz ermöglicht es, bei guter Ertragslage (zum Beispiel bei hohem Windangebot) den Investoren auf dem Papier höhere Gewinne in Aussicht zu stellen. Da die Bank jedoch auch bei schlechter Ertragslage (zum Beispiel zu wenig Wind oder Abschaltungen) ihre Konditionen beibehält, muss der Investor mit seinem Anteil für die gesamten Kosten aufkommen und gerät so sehr schnell in die Verlustzone. Die Bank erhält für ihre Teilfinanzierung eine vorrangige Bedienung ihrer Kredite durch Zins und Tilgung beziehungsweise als Absicherung gegen eine Insolvenz die Windkraftanlagen als Sicherheit. Bei einer Insolvenz verliert der Investor deshalb meistens sein Geld, da die Bedienung der anderen Partner wie der Bank vorrangig erfolgt. 

  • Kommunen wittern das große Geschäft

    Die Flächen für die Errichtung von Windkraftanlagen befinden sich vielfach im Besitz von Kommunen, wie beispielsweise Bad Orb oder Linsengericht. Gegen eine Pacht, üblicherweise 4 Prozent der Erlöse aus dem Stromverkauf, lassen die Grundstückseigentümer den Bau und Betrieb von Anlagen zu. Für die zurzeit gebauten 3-Megawatt-Anlagen entspricht das bei den hiesigen Windverhältnissen und jetzt noch gültigem EEG etwa 20.000 Euro pro Jahr und Anlage. Um vor der Reduzierung der Einspeisevergütung 2015 die Kommunen noch für den Bau von WKA zu „überzeugen“, versprechen die Projektentwickler zurzeit gerne unrealistisch hohe Pachteinahmen, zum Teil auch gekoppelt mit Einmalzahlungen oder begrenzten Laufzeiten. Zusätzliche Einnahmen werden den Kommunen über Gewerbesteuern versprochen, allerdings mit unsicherem Ausgang: Einerseits befinden sich die Betreibergesellschaften in der Regel nicht am Standort der Kommunen, damit fällt die Gewerbesteuer größtenteils an anderer Stelle an. Andererseits muss Gewerbesteuer erst dann bezahlt werden, wenn Gewinne anfallen, was meistens erst nach Abschreibung der Anlagen der Fall ist. Zu diesem Zeitpunkt erfolgt jedoch häufig ein Repowering mit größeren Anlagen, und das Spiel beginnt von vorn. Zusammenfassend ist festzustellen, dass sich Investoren für WKA bewusst machen sollten, dass sie das ganze Risiko für den Bau und Betrieb einer Anlage tragen, während die Projektentwickler ihr Geld bereits am Bau der Anlage verdienen. Den Aussagen der entsprechenden Projektträger sollte deshalb mit einer gesunden Skepsis begegnet werden. Erschwerend kommt ganz aktuell hinzu, dass für neue Anlagen die Erlöse aus dem EEG nicht mehr unbedingt über die gesamte Laufzeit und in voller Höhe garantiert werden, wie Aussagen von Umweltminister Altmeier zur Strompreisbremse andeuten.