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Windkraftanlagen verstärken die negative Auswirkung der demografischen Entwicklung

Wohnen im Spessart 2020. (Grafik: Bürgerinitiative)

Erschienen im Mittelhessen-Bote am Mittwoch, 27.03.2013

Der heutige Beitrag der Artikelreihe „Aspekte zur Nutzung der Windenergie“ beschäftigt sich mit den Auswirkungen des demografischen Wandels im ländlichen Raum und dem verstärkenden negativen Effekt eines unkontrollierten Ausbaus mit Windkraftanlagen, unter anderem auf Immobilien.

  • Demografische Entwicklung im ländlichen Raum

    Sinkende Geburtenzahlen, Abwanderung von Bürgern in Ballungsgebiete und eine zunehmende Überalterung prägen das Bild der künftigen Bevölkerungsentwicklung in Hessen. Aufgrund der ökonomischen Attraktivität des Rhein-Main-Gebietes werden die Rückgänge der Bevölkerungszahlen aber hauptsächlich den ländlichen Raum sowie Nord- und Mittelhessen treffen. Für den Main- Kinzig-Kreis wird beispielsweise bis 2050 ein Rückgang von etwa 10 Prozent, für den Vogelsbergkreis sogar ein Rückgang von etwa 40 Prozent der Bevölkerungszahlen im Vergleich zu heutigen Zahlen prognostiziert (Quelle: Bevölkerungsvorausschätzung für die hessischen Landkreise und kreisfreien Städte, Hessen-Agentur GmbH - Wirtschaftsforschung und Landesentwicklung, 2010). 

  • Reduzierung der Einwohnerzahlen führt zum Verlust von Steuereinnahmen

    Der Rückgang der Einwohnerzahlen hat ein sinkendes Steueraufkommen zur Folge. Die vorhandene Infrastruktur, wie zum Beispiel die Wasserversorgung oder Telekommunikation, aber auch das Straßennetz und die öffentliche Verwaltung, müssen damit in Zukunft von deutlich weniger Bürgern finanziert werden. Die bereits sichtbare schleichende Ausdünnung der sozialen Infrastruktur wie Einkaufsmöglichkeiten, Ärzte, Schulen oder Geldinstitute in den einzelnen Ortsteilen wird sich beschleunigen. Das Leben auf dem Land verteuert sich nicht nur für die verbleibende Bevölkerung, es wird als Konsequenz für mögliche Zuzügler auch immer unattraktiver. Die Minderung der Wohnqualität schlägt zusätzlich als negativer Standortfaktor für Gewerbe- und Industriebetriebe im künftigen Kampf um Fachkräfte zu Buche. Es ist davon auszugehen, dass sich potenzielle Fachkräfte in attraktiveren Regionen niederlassen und damit Gewerbe- und Industriebetriebe bei gleichen Standortbedingungen sich auch eher in diesen Regionen ansiedeln. Die damit verbundene Reduzierung der Steuereinnahmen wird die Abwärtsspirale noch weiter verstärken. 

  • Unmäßiger Ausbau der Windkraft konterkariert die Bemühungen der Gemeinden

    Auch Gemeinden im Main- Kinzig-Kreis, wie zum Beispiel Biebergemünd oder Linsengericht, sind diesem negativen Trend ausgesetzt und versuchen dieser Entwicklung mit stimmigen Projekten wie Dorferneuerung oder der Entwicklung von Seniorenkonzepten entgegenzusteuern. Ein überzogener Ausbau der Windkraft jedoch wird diese Anstrengungen konterkarieren und die Attraktivität aller Ortsteile, insbesondere auch unter Betrachtung des Denkmalund Ensembleschutzes, nachhaltig schmälern. Diese Auswirkungen dürfen beim Ausbau der Windkraft nicht vergessen werden. Gerade finanzstarke Regionen wie das Rhein-Main-Gebiet fordern im Rahmen der Energiewende mit Hinblick auf fehlende eigene Flächen einen Ausbau der Windkraft im ländlichen Raum. Letztendlich werden aber ländliche Regionen durch die Zerstörung der Landschaft weiter an Attraktivität einbüßen und so zum Verlierer der Energiewende. 

  • Auch der einzelne Bürger wird durch fallende Immobilienpreise betroffen sein

    Sinkende Einwohnerzahlen in den ländlichen Gebieten wirken sich bereits heute stark auf die Immobiliensituation aus. Leerstände und unbebaute Flächen in den Ortskernen sowie unbebaute Grundstücke in Neubaugebieten sprechen eine deutliche Sprache. Während man im Rhein-Main- Gebiet aufgrund hoher Nachfrage bereits von einer Immobilienblase spricht, ist im ländlichen Raum eher mit Stagnation oder fallenden Immobilienpreisen zu rechnen. Werden im direkten Umfeld nun noch zusätzlich Windkraftanlagen erstellt, wird dies unbestritten zu noch stärker fallenden Immobilienpreisen führen. Im Regelfall ist davon auszugehen, dass die Wahl zwischen zwei möglichen Wohnorten auf denjenigen fällt, der ein „Weniger“ an unerwünschten Nebeneffekten beziehungsweise ein „Mehr“ an Standortvorteilen bietet. Gerade in naturnahen Gebieten wie im Naturpark Spessart dürfte es mehr Personen geben, die eine Landschaftszersiedlung durch Windkraftanlagen als störend empfinden, als Personen, die gerne in einer solchermaßen belasteten Umgebung leben wollen. Insbesondere in Bereichen mit Schattenwurf durch WKA können Immobilien im Wert nicht nur drastisch fallen, sondern unverkäuflich werden. Wie in Teil IV dieser Artikelserie erläutert wurde, tritt Schattenwurf bei heute üblichen Anlagen von 200 Metern Höhe noch in weit über 1 .000 Metern Abstand auf. Im Interesse der Bürger, aber auch im eigenen Interesse zum Erhalt des ländlichen Charakters und der eigenen Stärken, sollten die Gemeinden einen Mindestabstand von 2.000 Metern zu Siedlungsflächen einfordern.